Das Umpflanzen und vom Geheimnis der Pflanzerde
Beitrag von Jens Scheffler
[…] so läßt sich nicht läugnen, daß das kräftige und gesunde Ansehen [der Orangerie] hauptsächlich durch eine passende Erdmischung bedingt wird. Fast in jedem Garten, wo eine Orangerie gezogen wird, wendet man verschiedene, meist durch die Localität bestimmte Erdarten an.
Bei guter Pflege können Kübelpflanzen mehrere Jahrzehnte und sogar Jahrhunderte im Kübel gesund wachsen. Die ältesten lebenden Pomeranzen im Kübel findet man im Schlosspark Pillnitz oder in den Gärten des Schlosses von Freÿr in Belgien, sie sind über 300 Jahre alt.
Abhängig von Art, Alter und Zustand werden die Kübelpflanzen alle drei bis sieben Jahre in ein neues Gefäß umsetzt. Denn im Laufe der Zeit kommt es zu nachteiligen Veränderungen im und am Kübel. Das Pflanzsubtrat verdichtet sich, die Nährstoffe
werden ausgezehrt, Krankheiterreger, Pilze und Viren können sich ausbreiten. Zudem verringert sich nach einigen Jahren die Haltbarkeit des Holzkübels oder -kastens. Der optimale Zeitpunkt zum Umpflanzen ist März bis Mitte April, rechtzeitig vor der Auswinterung der Orangeriepflanzen.
Das neue Pflanzgefäß sollte nur wenig größer als das alte sein. Das Umpflanzen erfolgt per Hand oder bei größeren Pflanzen mit Hilfe von Hebetechnik. In der Vergangenheit wurden dazu eigens ausgeklügelte Konstruktionen mit Seilwinden oder Flaschenzügen angefertigt.
Nach dem Hochheben der Pflanze muss unter Umständen das alte, eingewachsene Gefäß abgeschlagen werden. Ein Teil der alten Erde wird vom Wurzelballen entfernt und die Wurzeln werden auf Schäden und Faulstellen kontrolliert. Teilweise werden die Wurzeln eingekürzt. In diesem Fall muss auch die Krone entsprechend zurück geschnitten werden. Nun kann die Pflanze in das neue Gefäß gesetzt werden, in dem zuvor eine Drainageschicht aus Tonscherben oder Blähton und eine Schicht der frischen Pflanzerde eingebracht wurde. Danach wird der Rand ebenfalls mit Erde aufgefüllt und gut angedrückt bzw. gestopft. Zum Abschluss wird die Pflanze ordentlich gewässert.
In früheren Jahrhunderten verwendeten die Gärtner in der Orangerie immer eigene Erdmischungen. Deren Zusammensetzung war den örtlichen Gegebenheiten, wie der Größe der Pflanzen, den Pflanzgefäßen, verfügbaren Rohstoffen, aber auch den Standortbedingungen im Winter und dem Klima im Sommer angepasst. Dabei benötigte jede Pflanzenkultur, ob Kamelien, Ananas, mediterrane Gewächse, Palmen oder Zitrus, ihre speziellen Substrate.
Der Küchengärtner des französischen Königs Ludwig XIV. stellte bereits Ende des 17. Jahrhunderts fest, dass die Gärtner ein großes Geheimnis um ihre Erdmischungen machten und die Ansichten darüber sehr unterschiedlich waren. Der sächsische
Hofgärtner im Dresdner Zwinger Carl August Seidel (1782–1868) schrieb sein Rezept für
die Mischung der Zitruserde auf: »Ich nehme hierzu alte, zehnjährige, in Kamelien- oder Azaleen-Beeten gelegene ausgesogene Moorerde und untermische sie zu gleichem Theile mit einem sehr schlammigen Elbsand. Ist der Schlamm zu wenig sandig, setze
ich außerdem noch gelben Sand hinzu.«
In Gotha empfahlen die Hofgärtner für die Orangebäume: »Die Erdmischung muss zu gleichen Theilen aus gut verrotteter Lauberde und aus Heideerde bestehen, welcher noch eine Theil Sand und ein Theil zerbröckelter Holzkohle aus weichen Hölzern
beizufügen ist.«
Heute verwenden die Gärtner in den großen Orangerien meist eigene Mischungen, die sie je nach Bedarf und den gesammelten Erfahrungen immer wieder anpassen. Einerseits muss das Erdsubstrat im Kübel gut durchlässig und porenreich sein, damit die Wurzeln nicht in faulen und genügend Sauerstoff bekommen. Andererseits soll das Substrat gerade an heißen Sommertagen auch einen Teil der Feuchtigkeit speichern können. Um dieses Eigenschaften zu erhalten, muss die Erdmischung aus verschiedenen Bestandteilen mit unterschiedlichen Eigenschaften zusammengesetzt sein. Für eine gute Zitruserde werden ein Teil kompostierte Lauberde aus gehäckseltem Buchenlaub, ein Teil lehmiger, fetter Mutterboden, ein Teil grober Sand, ein Teil Torf, ein Teil Rhododendronerde sowie ein halber Teil Blähton und Vulkangestein vermischt.