Orangerien im Barockgarten Großsedlitz
bearbeitet von Frithjof Pitzschel
Zwei markante Orangeriegebäude prägen das Bild des Barockgartens Großsedlitz: Die Obere und die Untere Orangerie, so bezeichnet auf Grund ihrer Lage im Gelände.
1720 begann der Bau der Oberen Orangerie, welcher bereits nach einem Jahr vollendet wurde. Es ist das einzige Gebäude in Großsedlitz, dessen ursprüngliche Form sich bis heute bewahrte. 1725 wurde dann die Untere Orangerie im östlichen Gartenteil fertig gestellt. Berichte aus dieser Zeit zeugen von Nutzung der Gebäude zur Überwinterung von Orangeriepflanzen. So sollen jährlich rund eintausend Orangenbäume von Großsedlitz nach Dresden in den Herzogin-Garten zur Aufstellung gefahren worden sein. Eine konkrete Auflistung des Orangeriepflanzenbestands ist erst aus dem Jahre 1736 bekannt. Laut dieses Inventars überwinterten in beiden Orangerien neben einer geringeren Anzahl von Feigen, Myrten und Aloe 1287 Orangenbäume.
Im 18. Jahrhundert war der Umfang des Pflanzenbestands starken Schwankungen unterworfen. Während des zweiten schlesischen Krieges und des darauffolgenden Siebenjährigen Krieges wurde der Garten arg in Mitleidenschaft gezogen und die Untere Orangerie beschädigt, dass vorerst keine Pflanzenüberwinterung mehr möglich war. Die Orangenbäume wurden dann jährlich nach Pillnitz zur Überwinterung transportiert. Eine Prozedur, welche auf Dauer zu Lasten der Gesundheit der Bäume ging. 1763 sind noch 226 Orangenbäume verzeichnet, von denen ca. ein Drittel Schäden an Krone, Stamm oder Wurzel aufwiesen. Während des Napoleonfeldzuges 1813 erlitt der Garten erneut Schaden, der Orangenbaumbestand ging sukzessive weiter zurück.
Erst unter König Johann von Sachsen erfolgten ab 1860 Sanierungen und Umbauten an beiden Orangerien. So erhielt die Untere Orangerie eine neue Kanalheizung, als Voraussetzung für das erneute Überwintern von Orangeriepflanzen.
1924 befanden sich noch 60 Orangenbäume in Großsedlitz. Inzwischen war die Kanalheizung der Unteren Orangerie derart desolat, dass sie nicht mehr funktionierte und die Bäume einige Jahre ohne Heizung überwinterten. Im Ergebnis des strengen Winters 1928/29 erlitten die restlichen 60 Orangenbäume derartige Frostschäden, dass sie eingingen und der Großsedlitzer Orangenbaumbestand aufhörte zu existieren.
Erst ab1992 konnte die umfassende Sanierung beider Orangerien nach den Prämissen der Denkmalpflege in Angriff genommen werden. Die Obere Orangerie dient heute vorrangig als Raum für Veranstaltungen und Feierlichkeiten. Mit der Wiederherstellung der Kanalheizung und des Lehmfußbodens wurden in der Unteren Orangerie die Voraussetzungen für eine erneute Überwinterung von Orangeriepflanzen geschaffen. Ab 1997 konnte der Barockgarten durch Zukauf von 150 Pomeranzenbäumen (Citrus x aurantium) aus Italien seinen Orangeriepflanzenbestand nach historischem Vorbild sukzessive wieder aufbauen und erweitern. Neben den Pomeranzenbäumen bereichern auch Feigen, Lorbeer, Myrten, Agapanthus den Garten, so dass man gegenwärtig einen Bestand von über 400 Orangeriepflanzen vorfindet. Mit der Kultur der Pomeranzen , welche in Großsedlitz inzwischen Tradition erlangte, kann der Barockgarten heute einen der größten und gesündesten Bestände dieser Art in Deutschland vorweisen.
Weitere Informationen
Barockgarten Großsedlitz: www.barockgarten-grosssedlitz.de »
Obere Orangerie - Südseite
Foto © Barockgarten Großsedlitz
Untere Orangerie
Foto © Barockgarten Großsedlitz
Orangeriegärtner beim Pinzieren
der Pomeranzenbäume
Foto © Barockgarten Großsedlitz