Die Große Orangerie im Park Sanssouci
Beitrag von Marcus Weiß
Die Große Orangerie befindet sich im Park Sanssouci auf einem Höhenrücken nördlich der Maulbeerallee. Das wohl größte Orangerieschloß Norddeutschlands bildet den topographischen und architektonischen Höhepunkt des „Triumphstrassenprojektes“ des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV.. Dieses ambitionierte Vorhaben sah eine am Winzerberg beginnende und bis zum Belvedere am Klausberg reichende Prachtstrasse, gesäumt von klassizistischen Bauwerken und einer aufwendig gestalteten Terrassenanlage vor. Neben dem Wunsch der Verschönerung seines Sommersitzes Sanssouci brachte Friedrich Wilhelm IV. mit dem nur in Teilen realisierten Projekt den Wunsch der Ehrung seines Urgroßonkels und Vorfahren Friedrich II zum Ausdruck.
Bis zu seinem Tod 1840 war Friedrich Wilhelm III., Vater Friedrich Wilhelms IV. bemüht, die vorhandenen Orangeriegebäude in Sanssouci und deren Pflanzenbestände zu erhalten. Die Pflanzen waren seit dem Umbau und der Umnutzung der ehemaligen Orangerie zum Gästehaus (Neue Kammern) unter Friedrich II. lediglich in hölzernen Interimshäusern untergebracht. Die Kapazitäten der Gebäude waren mit dem vorhandenen Pflanzenbestand weitestgehend erschöpft und ihre architektonische Gestaltung aus Sicht des Kronprinzen nicht repräsentativ genug.
Vor diesem Hintergrund beschäftigten Friedrich Wilhelm IV. schon frühzeitig Pläne für den Neubau von Orangerien in Sanssouci. Erste Entwürfe entstanden unter Mitwirkung Karl Friedrich Schinkels bereits ab 1826.
Kurz nach seinem Regierungsantritt 1840 beauftragte Friedrich Wilhelm IV. den Architekten Friedrich Ludwig Persius mit der Planung einer neuen Orangerie, zumal die Interimsgebäude baufällig waren. Nach dem Tod Persius 1845 wurden Friedrich August Stüler und Ludwig Ferdinand Hesse mit den Planungsarbeiten betraut. Die Ausführungen begannen jedoch erst 1851. Bis 1866/70 entstand ein gewaltiges, über 304 Meter langes Orangerieschloss, in welchem sich die Italiensehnsucht Friedrich Wilhelms IV. durch zahlreiche Architekturzitate berühmter Rennaissancevillen widerspiegelt.
Für die Unterbringung von ca. 1000 Orangeriepflanzen wurden beidseitig eines Mittelbaus zwei, jeweils 103 Meter lange und 16 Meter breite Pflanzenhallen mit einer Stellfläche von 1650 Quadratmetern erbaut. Achtzehn sich gegenüber stehende Säulen gliederten jede Halle in neun gleich große quadratische Abteilungen. Während acht Abteilungen die gleichmäßige Höhe von 7,20 Meter aufweisen, ist die neunte bereits in den Mittelbau integrierte zehn Meter hoch. Zur Erreichung der notwendigen Raumtemperatur erhielt jede Abteilung eine separate im Fußboden verlegte Kanalheizung. Deren Befeuerung erfolgte von dem an der nördlichen Längsseite des Gebäudes verlaufenden Heizgang. Für das Vorhalten angewärmten Gießwassers sorgten offene Becken, die von einer Warmwasserheizung gespeist wurden. Die ungewöhnliche Höhe der Hallen ermöglichte den zusätzlichen Einbau einer Galerie an der Nordseite des Gebäudes über dem Heizgang. Durch Fensteröffnungen in der Nordfassade wurde damit eine weitere Möglichkeit für die Überwinterung von kleinen und mittelgroßen Kübelpflanzen geschaffen.
Bereits ein Jahr nach Baubeginn wurden die ersten Pflanzen im Winter 1852/53 in der Westhalle untergebracht. Ab 1853 entstand der Mittelbau mit Säulenhof und zwei Belvederetürmen nach dem Vorbild der Villa Medici in Rom. Die Osthalle führte man von 1854 an aus und stellte sie 1857 fertig. Die orthogonal abgewinkelten Seitenpavillons wurden bis 1860 errichtet. Erst im Jahr 1870 konnte der Gesamtbau mit der Anbringung des Figurenschmuckes an den Fassaden beendet werden.
An der Südseite des Gebäudes realisierten der Gartendirektor Peter Joseph Lenné und sein Mitarbeiter Gustav Meyer eine 240 Meter lange, dreistufige Terrassenanlage nach Anregungen des Renaissancegartens der Villa d` Este in Tivoli. Unter starker Betonung einer zentralen Mittelachse entstand eine regelmäßige, symmetrische Terrassengliederung mit einer reichen Ausstattung an Fontänen, Wasserbassins, Bildwerken und üppigen ornamentalen Bepflanzungen. Den Abschluss der vorspringenden Terrassen in der Mittelachse vor der Maulbeerallee bildete eine Grotte mit fünf wasserspeienden Wolfsköpfen.
Mit der Fertigstellung des Orangerieschlosses war nach langer künstlerischer Entwicklung ein Bau entstanden, der die Elemente Terrasse, Königsvilla, Orangerie und Gästehaus zu einem einheitlichem Ganzen vereinigte. Leider konnte Friedrich Wilhelm IV., der im Jahr 1861 starb, die Vollendung des Projektes nicht mehr erleben.
Die Große Orangerie diente zur Überwinterung eines umfangreichen Bestandes an nicht winterharten Pflanzen in Kübeln und Töpfen. Den Hauptanteil machten nach Fertigstellung des Gebäudes typisch barocke Pflanzen wie Lorbeeren, Myrten und Citrus aus. Prunkstück der Sammlung waren die rund 400 Orangenbäume, welche auf den Terrassen vor dem Schloss Sanssouci präsentiert wurden. Nach dem Abriss der Interims-Orangenhäuser entstanden der Nordische und Sizilianische Garten, was eine Erweiterung des Orangeriepflanzenbestandes nach sich zog. Bis zum Ende des 19 Jahrhunderts versuchten die Gärtner, den Bestand an Orangen durch Zukäufe kontinuierlich aufrecht zu erhalten. Mit der Zeit wurden jedoch viele Orangen, die im Sommer die Terrassen des Schlosses Sanssouci schmückten, durch pflegeleichtere Lorbeerkugeln ersetzt.
Eine zweckentfremdete Nutzung musste die Orangerie im ersten Weltkrieg über sich ergehen lassen, als hier in den Sommermonaten ein Lazarett eingerichtet wurde. Nachdem der umfangreiche Pflanzenbestand bis 1945 weitgehend erhalten werden konnte, verfügte die sowjetische Besatzungsmacht nach Kriegsende den Abtransport der größten und schönsten Exemplare.
Um 1979 zählte die Orangerie wieder 539 Pflanzen. Das Pflanzensortiment wird heute entsprechend den gartendenkmalpflegerischen Vorgaben entwickelt. Gegenwärtig nimmt die Orangerie rund 1200 Pflanzen verschiedener Präsentationsflächen auf. Nach 2000 gelang es, wieder einen größeren Bestand an Orangenbäumen aufzubauen und diese alternierend mit pyramidal geschnittenen Eiben auf den Terrassen von Sanssouci nach barockem Vorbild zu präsentieren.
Den Hauptanteil des heutigen Bestandes machen die Orangen der Terrassen vor dem Schloss Sanssouci, sowie die Lorbeeren des gartenseitigen Halbzirkelparterres am Neuen Palais aus. Hinzu kommen die differenzierten Pflanzenbestände des Sizilianischen und Nordischen Gartens sowie des Parks Babelsberg.
Weitere Informationen
Orangerieschloss Sanssouci: www.spsg.de »
Große Orangerie Park Sanssouci
Foto H. Bach © SPSG
Große Orangerie - Innenraum der
westliche Pflanzenhalle
Foto W. Pfauder © SPSG
Pflanzenhallen Große Orangerie
Foto H. Bach © SPSG
Sizilianischer Garten Sanssouci
Foto H. Bach © SPSG
Lorbeer vor dem Neuen Palis
Foto K. Schröder © SPSG
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