Orangerie im Park Rheinsberg
Beitrag von Marcus Weiß
In Rheinsberg wurden Zitrus und andere Kübelpflanzen seit der Zeit des preußischen Kronprinzen Friedrich ab 1734 kultiviert. Davon zeugt ein repräsentatives Orangerie-gebäude, welches von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff entworfen, jedoch nie in vollem Umfang realisiert wurde. Es befand sich an der großen Querallee des Lust-gartens, war jedoch nach West-Ost, statt wie für Orangerien üblich, nach Nord-Süd ausgerichtet. Bereits 1753 wurden die einen prachtvollen, zentralen Mittelpavillon flankierenden Seitenflügel bis auf eine Fensterachse zurückgebaut und 1765 Bäder darin eingerichtet. Eine Nutzung als Orangerie spätestens damit nicht mehr möglich.
Nach der Thronbesteigung Friedrich II. übernahm sein Bruder Heinrich Schloss und Garten Rheinsberg im Jahr 1753. Seit dieser Zeit konzentrierte sich die Überwinterung der Orangeriepflanzen auf das Gelände der Parkgärtnerei. Mitte des 18. Jahrhunderts bestanden dort, am südöstlichen Rand des Lustgartens, diverse Gewächs- und Treib-häuser, Treibmauern, Obstwiesen, Mistbeete und Wirtschaftsgebäude.
Für die Unterbringung der exotischen Kübelpflanzen stand zunächst ein Gebäude-komplex aus einem zentralen Glashaus und zwei angeschlossenen Treibhäusern zur Verfügung, dessen Grundriss in etwa noch der heutigen Gebäudestruktur entspricht. Um 1800 wurden die alten Treibhäuser neben dem Glashaus abgerissen und durch höhere, massive Orangenhäuser ersetzt. Mit dem Tod des Prinzen Heinrich 1802 setzte schnell der Niedergang der Parkgärtnerei mitsamt seiner prachtvollen Pflanzensammlung ein. Bereits 1803 wurden die Kübelpflanzen verkauft und die neu errichteten Orangenhäuser als Lager für Kunstgut aus dem Park genutzt.
Weitere bauliche Veränderungen an den Gebäuden wurden erst Mitte des 19. Jahrhun-derts vorgenommen. Dem Abriss des mittleren Glashauses folgte 1852 die Errichtung eines Holzstalles auf einem Teil der Fläche. Kurz vor 1899 wurde die Lücke zwischen westlichem Orangenhaus und Holzstall durch eine kleines Warmhaus wieder geschlos-sen. Der orthogonal ausgerichtete Anbau eines Gurkenhauses im Jahre 1929 markiert mit seiner Entstehungszeit den Beginn der Erwerbsgärtnerei in Rheinsberg.
Nach einem Brand im Jahr 1891 wurde das westliche Orangenhaus stark beschädigt und nur mit drei der ursprünglich fünf Fensterachsen wiederaufgebaut.
Die beiden spiegelsymmetrisch an der gedachten Mittelachse des ehemaligen Glashauses ausgerichteten Orangenhäuser waren als schlichte Zweckbauten ohne repräsentativen Anspruch errichtet. Ihr äußerlich identisches Erscheinungsbild prägt eine nach Süden ausgerichtete Glasfassade mit jeweils fünf raumhohen Fensterachsen, die jeweils durch massive Holzpfeiler gefasst sind. Die Gebäude waren mit einfachen Satteldächern ausgestattet, die Giebelseiten in Fachwerk und die Rückwand der Gebäude als massive Ziegelsteinkonstruktionen ausgeführt. Im Gegensatz zum westlichen Orangenhaus, enthielt das östliche Gebäude eine Gärtnergehilfenwohnung an der Gebäudenordfront, bestehend aus zwei beheizbaren Stuben und zwei Kammern. Beide Häuser waren jeweils ca. 18,8 Meter lang und 7,2 Meter tief. Den bauhistorisch ältesten Teil des überkommenen Komplexes stellt das heute 55 Meter lange, massive Ziegelmauerwerk der Nordwand dar. Es ist fragmentarischer Bestandteil der Anlage aus Treibhäusern und Glashaus der Zeit des Kronprinzen Friedrich und wurde im Zuge der Modernisierungen in die neuen Gebäude integriert.
Beheizt wurden die Orangenhäuser über Kanalheizungen, die im Boden der Pflanzenhallen eingelassen waren. Als Feuerungsmittel diente vorwiegend lokal gewonnener Torf, der in einer gegenüber liegenden Scheune gelagert wurde. Dieser brannte langsam und stetig mit geringer Wärmeentwicklung, was vermutlich für die Temperierung der Orangerie von Vorteil war.
Die Befeuerung erfolgte von tiefer liegenden Heizräumen im nördlichen Gebäudeteil aus. Der Verlauf der Kanäle war so angeordnet, dass sich die Wärme entlang der Außenwän-de zum Inneren des Raumes hin ausbreiten konnte. Das zentrale Glashaus wurde durch die Kanalheizungen der flankierenden Orangerien zusätzlich mit Wärme versorgt. Die Heizschleifen verliefen entlang der Südfront der Gebäude bis zur Mitte des Glas-hauses und führten über die Nordfront zurück in die Orangerien bis zum Abzug. Eine Türverbindung zwischen dem Heizraum und der Gärtnergehilfenstube veranschaulicht den gärtnerischen Alltag, zu welchem auch das nächtliche Heizen der Orangerie gehörte. Mit Aufgabe der Gebäudenutzung als Überwinterungsquartier für Kübelpflanzen, wurde auch die Kanalheizung nicht mehr betrieben.
Der Bestand an Kübelpflanzen zur Zeit des Prinzen Heinrich ist durch ein vorhandenes Inventar mit Angaben zu Art und Stückzahl gut dokumentiert. Berichtet wird von Orangen, Citronen, Limonen, Lorbeer, Cypressen und mehrere ausländische Bäume. Das Dokument aus dem Jahr 1802 gibt einen Eindruck über die Vielfalt an exotischen Pflanzen, darunter wohl auch 450 Glashauspflanzen, welche zur Blütezeit des Parks unter Prinz Heinrich gepflegt wurden.
Ein großer Anteil der Zitrus wurde sommers im Orangerieparterre präsentiert, welches als vertieft gelegener aufgeweiteter Platz in die Große Hauptallee des Lustgartens integriert ist.
Auf dem Orangerieparterre liegen sich beidseitig der Mittelachse spiegelbildlich angeordnete Felder mir Rasenquadraten im Schachbrettmuster gegenüber. Dort wurden laut Inventar von 1802 ca. 50 Zitrus unterschiedlicher Arten und Sorten aufgestellt.
Nachdem im 19. und frühen 20. Jahrhundert Orangeriepflanzen im Rheinsberger Lustgarten keine Rolle mehr spielten, wird seit den 1970er Jahren wieder ein Orangeriebestand aufgebaut. Wichtigster Präsentationsort in dem Gartendenkmal ist das Orangerieparterre.
Dessen Rekonstruktion in den 1970er und erneut in den Jahren 2000/2001 folgte die Anschaffung von mehr als 50 Zitrusbäumen, die dort während des Sommers aufgestellt werden.
In den kommenden Jahren soll dieser Bestand entsprechend der denkmalpflegerischen Zielsetzung auf mindestens vier Zitrusarten und –sorten in den jeweiligen Stückzahlen erweitert werden.
Auch andere, im Inventar aufgelistete Kübelpflanzen sollen in den kommenden Jahren den Bestand bereichern und in der Hofgärtnerei aufgestellt werden. Als langfristiges Ziel ist die Restaurierung des westlichen Orangeriehauses in seiner ursprünglichen Größe mit fünf Fensterachsen vorgesehen.
Lorbeer auf der Südterrasse von
Schloss Rheinsberg
Foto M. Hopp © SPSG
Orangerieparterre im Lustgarten
Foto K. Schröder © SPSG
Orangerie-Südfassade des Ostflügels
Foto K. Schröder © SPSG
Stellage für Topfpflanzen
Foto J. Scheffler © AKO
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